In Linz beginnt's! - Theologie studieren an der Katholischen Privat-Universität Linz
Foto: Henning Klingen
Podcast vom 9. Juni 2023 | Gestaltung: Henning Klingen*
In Linz beginnt's!, wie es so schön heißt. Und tatsächlich hat Linz viel mehr zu bieten als nur eine Durchgangsstation auf der Westbahnstrecke zwischen Salzburg und Wien zu sein. Linz hat sich gemausert zu einer quirligen, modernen und attraktiven Stadt und zu einem exklusiven Hochschulstandort. Neben der Johannes Kepler Universität bietet die Stadt mit der "Katholischen Privat-Universität" (KU) einen weiteren traditionsreichen akademischen Ausbildungs- und Forschungsstandort.
Und den will ich heute auf unserer Tour durch die österreichischen katholischen Fakultäten besuchen. Denn an der K. Linz, die heuer ihr 350-jähriges Bestehen feierte, wird natürlich auch katholischer Theologie gelehrt. Aber nicht nur das: Auch Philosophie und Kunstwissenschaft zählen zum Studienangebot. Eine interessante Kombi, die viele Studierende, aber auch Lehrende nach Oberösterreich lockt. So wie die beiden Studierenden, die ich in einem der typischen urigen Studenten-Cafes nahe der KU treffe.
Viktoria: "Ich bin Viktoria Buchner und ich studiere katholische Theologie an der KU Linz. Ich bin 26 und ich bin im siebten Semester."
Sabrina: "Ich bin die Sabrina. Ich studiere jetzt im vierten Semester Theologie und ich habe vor dem Bachelor in Kunst, Wissenschaft, Philosophie auch an der KU gemacht und bin eigentlich durch dieses Studium so richtig aufmerksam auf die Theologie geworden."
Was verbindet euch mit Linz? Gibt es eine biografische Verknüpfung von euch mit Linz? Kommt ihr hierher oder warum hat es euch nach Linz verweht?
Viktoria: "Ich bin aus Linz, also da gibt es nicht mehr Anknüpfungspunkte. In der Jugend und in der Kindheit war ich regelmäßig in der Kirche und in der Pfarre aktiv. Und wie ich dann in der Schule war, habe ich gedacht: Was studiere ich mal? So bin ich auf Theologie gekommen."
Sabrina: "Bei mir ist es eigentlich ähnlich wie bei der Viktoria. Ich komme aus der Nähe von Linz, aber ich war eigentlich nie sonderlich engagiert in einer Pfarre, sondern habe Philosophie studiert und bin so zur Theologie gekommen. Aber vielleicht wird das ja noch..."
Was wollt ihr denn eigentlich danach mit dem Studium machen?
Viktoria: "Grundsätzlich habe ich schon die Idee gehabt, in der Pfarre arbeiten zu wollen. Das hat sich heute etwa geändert und mittlerweile denke ich, die Kirche ist vielleicht doch nicht so ein toller Arbeitgeber. Aber jetzt ist erstmal die Theologie dran. Ich lese sehr viel, interessiere mich breit - und lasse mir offen, ob ich mal in einer Pfarre bzw. in der Seelsorge arbeiten will oder doch in der Wissenschaft."
Sabrina: "Ich möchte mal in der Krankenhaus-Seelsorge arbeiten. Das ist für mich schon relativ fix. Aber das Studium bietet natürlich sehr viel Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man durch Zusatzqualifikationen Religionslehrerin werden oder Religionslehrer."
Warum habt ihr euch für Linz als Studienstandort entschieden?
Viktoria: "Ich habe die Entscheidung getroffen, weil ich hier herkomme. Aber im Grunde würde ich im Nachhinein sagen: Wenn ich es wüsste, wie es in Linz ist, würde ich unbedingt wieder nach Linz kommen. Das Klima an der Universität ist sehr, sehr positiv. Der Vorteil ist, dass es sehr klein ist - man hat kurze Wege, wird wahrgenommen als Mensch, nicht als Nummer, wie das manchmal so üblich ist oder wie man das von anderen Universitäten hört. Die Professoren nehmen sich Zeit. Und es ist nicht so eine weltfremde Theologie, sondern sehr am Leben und sehr bei den Menschen."
Sabrina: "Bei mir war es auch eine eher praktische Entscheidung, weil ich in der Nähe wohne. Aber auch ich würde mich jetzt wieder dafür entscheiden - aus genau den Gründen, die Viktoria schon genannt hat."
Nach so viel Lob möchte ich mir natürlich auch selber ein Bild von der KU machen und lasse mich von Viktoria und Sabrina zur und durch die Uni führen.
Dort bin ich außerdem verabredet mit zwei Lehrenden, die sich viel Zeit für Gespräch und Kaffee nehmen.
Gruber: "Mein Name ist Franz Gruber, ich bin Professor für Dogmatik und ökumenische Theologie und bin seit 2001 Inhaber des Lehrstuhls. Ich habe in Linz und Innsbruck studiert. Für mich war Linz immer so spannend, dass ich eigentlich gedacht habe, hier könntest du mal auch deine Zelte aufschlagen. Das hat sich dann optimalerweise auch so ergeben. In den 80er und 90er Jahren habe ich allerdings meinen Horizont aus Linz erweitert und aufgrund meiner Diplomarbeit über die Befreiungstheologie in Lateinamerika einen Studienaufenthalt in Sao Paulo gemacht und dann in Nordamerika, in Boston und in Chicago, wo ich ein Senior Fellowship in den 90er Jahren absolviert habe. Das waren für mich ganz wichtige Stationen. Und ja, ich bin eigentlich sehr glücklich und froh, hier zu sein und meine Spezial-Vorlesungen über Theologie und Naturwissenschaft zu Ende gebracht zu haben. Diese theologische Auseinandersetzung mit der Philosophie zusammen mit der Soziologie - das ist immer auch das gewesen, was unser Institut ausmacht. Wir sind nicht Dogmatiker im engen Sinn des Wortes, sondern im absolut weiten Sinne des Wortes. Das heißt: Wir halten Ausschau danach, was es bedeutet, heute Theologie zu treiben, von Gott zu reden im Kontext von Kultur, Säkularisierung, auch von modernen Naturwissenschaften und so die Studierenden auch in einer Welt fit zu werden zu lassen, wo eine religiöse Sprache, religiöses Denken, theologisches Denken nicht mehr selbstverständlich ist, sondern wo das buchstäblich wirklich neu entdeckt und erfunden werden muss."
Das waren schon ganz viele Antworten auf eine erste einfache Frage, aber das passt. Ich gehe mal direkt weiter. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Fuchs: "Ja, mein Name ist Michael Fuchs. Ich bin hier Professor für Praktische Philosophie / Ethik an der anderen Fakultät, also an der Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft. Und ich bin seit 2015 hier als Professor tätig. Vorher war ich in Bonn am Institut für Wissenschaft und Ethik, also einem Institut, was sich mit Bioethik, Medizinethik etc. beschäftigt. Ich war sehr froh, als ich diese Professur hier in Linz angeboten bekommen habe, weil ich hier dieses spezielle Interesse an Medizinethik, an Bioethik mit dem allgemeineren Interesse an der Philosophie als ganzer verbinden konnte. Das war für mich eine sehr glückliche Konstellation, und ich habe über diese Konstellation hinaus dann den Reiz von Linz erst kennengelernt, als ich mich schon beworben hatte bzw eigentlich erst richtig, als ich dann auch schon hier war."
Da liegt jetzt die Frage nah: Wenn Sie sagen, Sie kamen aus Bonn, einer Uni, wo relativ viele große Unis in der Nähe sind, wo man sehr stark vernetzt ist, internationales Flair, warum entscheidet man sich dann für Linz? Was bietet Linz, was Bonn nicht hatte? Und was ist der Mehrwert von Linz?
Fuchs: "Ich habe hier die Professur angeboten gekriegt und habe die Möglichkeit gehabt, hier eigene, neue Ideen zu verwirklichen, Dinge aufzubauen, die es noch nicht gab, mit den anderen Universitäten hier ins Gespräch und in ein Netzwerk Verhältnisse zu kommen, Projekte anzustoßen, auch internationaler Art, internationale Projekte, die ich schon betrieben habe, weiterzuführen. Also Internationalität - das ist auch in Linz ein großes Thema. Die Universität ist freilich viel kleiner als die Bonner, es macht aber Dinge auch manchmal einfacher, dass man leichter dort neue Dinge durchsetzen kann, als das in einer sehr großen Universität der Fall ist."
Was zeichnet die KU in Linz in besonderem Maße aus?
Gruber: "Also besonders ist einerseits, dass die KU eine Solo-Stellung hat. Der Träger der Universität ist die Diözese Linz. Damit ist der Weg in die Pastoral, in den kirchlichen Hintergrund eigentlich ein kurzer. Wir sind als Universität aber mit den anderen Universitäten verbunden. Natürlich wäre es etwas anderes, wenn wir eine Fakultät werden. Dann werden wir in einen riesigen Betrieb drinnen. Und du bist als Theologe bzw. Theologin halt dann ein Teil dieses gesamten universitären Systems. Das ist hier anders, weil hier das Haus als Universität mit sozusagen autonom ist und damit ein Ort ist, der fast einen eine Insel darstellt. Und das sagen auch immer wieder die Leute hier. Hier ist ein geisteswissenschaftlicher Impuls, ein Zentrum, wo mit Philosophie und Kunst, Wissenschaft und Theologie eine Kombination gegeben ist, die so nirgendwo anders der Fall ist, dass man einen ganz kurzen Weg zu Philosophie hat, einen ganz kurzen Weg zur Kunstwissenschaft. Wir haben auch die Studienprogramme so gemacht, dass sie teilweise ineinander übergehen, dass man auch das heißt als Theologe, Theologin dann bei den anderen Fächern inskribiert und umgekehrt und vice versa. Das schafft einen Austausch, den es so nicht gibt. Es ist fast die klassisch optimale Situation. Mit Hegel würde man sagen Religion, Kunst und Philosophie sind die drei Gestalten des menschlichen, objektiven Geistes. Von daher gesehen ist da eine Fächerkombination gewachsen, die gut miteinander kann."
Fuchs: "Linz hat eine besondere Situation als Stadt und als Universitätsstadt dadurch, dass es keine Volluniversität gibt. Das muss man, glaube ich, wissen und als Hintergrund sehen und auch unsere Stellung in Linz und in Oberösterreich ganz gut begreifen zu können. An der Katholischen Universität oder an ihren Vorgängern wurde schon vor 350 Jahren Theologie gelehrt und studiert und erforscht. Die staatliche Universität, die große Kepler Universität, ist aber erst vor ungefähr 50 Jahren gegründet worden, und sie ist eben nicht als Volluniversität gegründet worden. Sie hat sehr starke, Sie ist sehr stark in Bereichen der Technik, der Informatik, der Digitalisierung, im gewissen Sinne auch der KI, Forschung, der Wirtschaftswissenschaften und der Rechtswissenschaften. Die Geisteswissenschaften sind aber überhaupt da, wo sie ausgeprägt sind, nur sehr rudimentär ausgeprägt. Und das gilt nicht nur für die Theologie, die gar nicht vorkommt, sondern es gilt auch für viele, für die Philosophie, die eigentlich nur im Bereich der Wissenschaftstheorie an der Kepler Universität vertreten ist. Das führt dazu, dass die anderen Universitäten uns gewissermaßen als Ergänzungsangebot sehen, dass wir aber auch sehen, dass diese starken Universitäten, diese starke Technik Fakultät, auch die starke entstehende Medizinfakultät, dass das wunderbare Gesprächspartner sind."
Zuletzt gingen Meldungen um, dass die Studien Studierendenzahlen in den Keller gerasselt sind in den theologischen Fächern österreichweit. Aber das betrifft, das haben wir dann auch gesehen, ja, insgesamt die Geisteswissenschaften. Was tut denn die KU, um das Blatt zu wenden? Welche Innovationen finden statt?
Gruber: "Wir tun eine ganze Menge. Wir machen Werbung und Kontaktpflege und wir machen auch wirklich interessante Studienangebote, um konkurrenzfähig zu sein. Das ist ja nicht nur ein Problem, was die Geisteswissenschaften haben, sondern was der Studienbetrieb insgesamt hat. Ich habe gestern oder vorgestern gesehen, dass die Zahlen zurückgehen, dass überhaupt die Studierendenzahlen zurückgehen, weil ja auch die Zahl der Menschen in den Kohorten, in den Alterskohorten nach Matura oder Abitur weniger werden, als das in den letzten Jahren der Fall ist. Also ein gewisser Rückgang ist immer da zu beobachten, und dem muss man irgendwie gegensteuern. Das machen wir in der Theologie vor allem auch, indem wir uns bemühen, berufsbegleitend Dinge anzubieten. Das ist die Idee, dass das gar nicht mehr so unmittelbar nach dem Abitur und der Matura dieser Einsicht kommt, dass das ein interessantes Studium sein könnte, dass das, sondern das ist, dass es später kommt, mitten im Beruf, wo man irgendwie findet. Die Fragen, die mir vor zehn Jahren noch nicht wichtig sind, die sind mir plötzlich wichtig geworden und man müsste das professionell angehen."
Nun versuchen ja gerade im theologischen Bereich andere Universitäten auch, durch andere Studienangebote, die nicht im Bereich des Vollstudiums liegen, Studierende zu locken. Wie ist das an der KU?
Gruber: "Also wir haben insgesamt 17 Studienprogramme - die klassischen einerseits und dann aber sehr viele Bachelor- und Master-Programme, so dass man also in diese Programme hineinkommt, ohne dass man das gesamte Curriculum durchlaufen muss. Das heißt also, man kann auch als Quereinsteiger hier studieren. Von daher gesehen ist das schon ein Angebot, dass das unser Portfolio sozusagen erweitert. Klar, diese Fragen der Studentenzahlen sind natürlich wichtig und entscheidend für unsere Existenz. Da kämpfen alle ein stückweit drum. Aber ich würde schon sagen: Bildung hat auch immer einen gewissen Selbstzweck. Das heißt also, es ist nicht bloß eine Frage der Ausbildung, sondern dass hier ein Ort im Zentrum ist. Und da ist entscheidend ist in diesem Haus eine geistige Offenheit zu haben. Und das stelle ich dann doch immer wieder fest gerade und das ist ein interessantes Feedback, das wir permanent bekommen aus der Philosophie oder aus der Kunstwissenschafts-Szene, die ja nicht so in die theologische Szene automatisch befreundet ist und eher fremdelt, dass die sagen: 'Das habe ich gar nicht gedacht, dass ich das bei euch höre und machen kann, das ist ja fantastisch. Warum seid ihr nicht viel bekannter? Das gibt es doch nicht...' Und dieses Aha-Erlebnis, zu dem kann ich nur sozusagen einladen. Und die Studierenden sind der lebende Beweis dafür, dass wir nicht verkopfteTypen sind, sondern mit beiden Beinen in der Welt stehen und mit ihnen genauso ringen um die Fragen, um die es heute geht. Und das macht unseren Alltag aus. Und ich glaube, wenn wir da weiter tun, wird das dann auch, so hoffe ich auch zukunftsfähig bleiben. Und nicht nur unsere 350 Jahre, die wir jetzt feiern, eine Markierung sein, wo man sagt, das war die längste Zeit hinter uns. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt..."
Wer weiß, was die Zukunft bringt? Hoffentlich viele Studierende und viel Zuspruch aus der Fachcommunity. Ich für meinen Teil jedenfalls bin beeindruckt von der hohen Identifizierung von Lehrenden wie Studierenden mit ihrer Uni und von der Zuversicht, die der Studien-Standort ausstrahlt. In Linz beginnt's!